2012-06-23

Es geht wieder los! 
Geil. Nicht so geil: Wir haben schon wieder den Eselsbus!!! Egal. Ich freu mich trotzdem auf die Busfahrt! Jogges hat mir versprochen, diesmal eine gute Fahrt-Cd zusammenzustellen. Letztes mal gab es nur Fizzel-Dizzel (Rap! Für all diejenigen, die sich in der glücklichen Lage befinden es nicht zu kennen!) und Bolt Thrower (jaja ich weiß schon, DIE Übermacht des schweren Metals – von mir aus). Jogges und Jan im Osten aufgelesen und, weil schon wieder etwas spät und deshalb ohne Kaffee und kacken, direkt zum Proberaum. Alle warten schon. Kehbel ist heute der selbsternannte Botschafter der Farbe Blau. Blaue Schildkappe, blaues shirt, blaue Jacke, blaue Hipster-Stoffhose und blaue Adiletten. Sein Auftrag ist es lebendes Mahnmal zu sein. Es ist seiner Meinung nach, so hege ich jedenfalls vage Vermutung, eine zum Himmel schreiende Ungerechtigkeit, die Farbe Blau nur auf die Beschreibung des Trunkenheitszustandes asozialer Individuen zu reduzieren. Ebenso möchte er die Gesellschaft auf die wunderbare Vielseitigkeit der Farbe aufmerksam machen. Es widert ihn, Kehbel, an, mit ansehen zu müssen, wie die Farbe Blau, stets nur zur Färbung der Jeanshose vergewaltigt wird. Wir betreten den Bus. Das Stimmungsbarometer nähert sich dem Siedepunkt, als Jogges den 80er-Mix einlegt. Frau Nanini wird zum Publikumsliebling. Ich sieze sie, die Frau Nanini, weil ich zu meiner eigenen Schande gestehen muss, dass ich nicht weiß wie man ihren Vornamen schreibt, und, nennt es feige oder nicht, einem möglichen späteren Angriff von Luigi entgehen möchte. Bello impossibile – Was für ein song. Und dann bei 00:47, wie sie da einsetzt, der Wahnsinn. Das Gitarrenriff, ebenfalls bei 00:47, und später nochmal bei 2:37, ist, so bin ich mir mit Jogges eins, das beste Riff der Musikgeschichte. Generell wohl einer der besten songs ever. Kehbel hasst diesen song. Hätte wohl lieber Azzuro gehört…! 
Bonzo hat, wie sich im Laufe der Busfahrt noch zeigen wird, heute gleich mehrere Aufträge. Er sitzt ganz allein hinten in der letzten Reihe. Er ist jetzt nicht mehr Bonzo. Er hat die Gestalt Gargamels angenommen. Der Gedanke, Right Direction nicht sehen zu können, lässt ihn zum personifizierten Hass werden. Noch dazu scheint er, natürlich ohne es zuzugeben, Asreal sehr zu vermissen. Wir fahren. Wir machen halt. Jogges schmeißt auf dem Parkplatz Bierflaschen einfach nur aus dem Auto. Scherben klirren. Bonzo, eben noch Gargamel, schlüpft at hock in die Rolle von Chris (Er stößt erst in Mörs zu uns und Felix vertritt ihn gerade). Er findet Jogges einfach unmöglich. Das muss doch echt nicht sein. Wir fahren weiter.

Die show war bizarr. Das Publikum stand, nachvollziehbarer Weise, da wie ein Mahnmal. Ich war froh, als ich, meine Zeile kaum fertig gesungen, die Bühne wieder verlassen konnte. Diesmal wollte ich für kein Geld der Welt mit Jogges tauschen. So tragisch das alles ist, ich hatte irgendwie trotzdem einen guten Abend da. Ich hab mich gefreut Pete mal wieder zu sehen. Ich hab mich gefreut Zanne zu sehen und wir hatten einfach eine gute Zeit. Wir schlafen im Juze. Wir trinken auch noch Bier als alle weg sind. Ich koche uns noch Käse-Oregano-Safran-Brötchen. Königlich. Kehbel schnarcht als erster. Er bediente sich seinerseits anderer Gewürze. Jogges und ich können nicht einschlafen. Wir erzählen uns gegenseitig Frauengeschichten. Wir sind in dieser Nacht wie doch schon ach so oft wieder 16.Halb neun morgens. Ich koche Kaffee für alle und mache Brötchen. Meine fast schon mütterliche Fürsorge wird gar nicht wahrgenommen. Verzogene Rotzaffen. Vor dem Frühstück, weil ungewaschen keiner an den Tisch kommt, machen wir Katzenwäsche im Damenklo. Nackt, nur mit Nikes, mit kaltem Wasser unten rum feucht rausgewischt. Duschen gibt es im Osten nicht. Beschließe einen Brief an den Bundestag zu schreiben. Thema: Künftige Verwendung des Solidaritätszuschusses für die Installation von Duschen im Osten. Zurück zum Buffet. Selten solch eine Auswahl beim Frühstück gehabt. Es gab Marmelade und Marmelade und Kaffee und kalte Kola. Kalt zwar, ja, aber nur drei. Kleine. 


UntitledDer Moment, auf den ich mich schon seit packen meines Köfferchens, diebisch freue, naht. Neuerdings sehr an einem gepflegten Äußeren Interessiert, habe ich einen Fön dabei, der mir auch unterwegs, den perfekten Sitz meiner Frisur garantieren soll. Ich stecke ein und betätige, frohen Herzens und voller Freude ob der gleich kommenden und zu erwartenden Reaktion, die Powertaste. Meine Rundbürste hat sich noch nicht vollends in meine Haare gegraben, als Jogges auch schon, in seiner Erscheinung einer aufgescheuchten Bache gleichend, schnellen, wütenden Schrittes auf mich zurast, um mir, gleichwohl er schon auf dem Weg in wilder Rage mit wüsten Beschimpfungen um sich schmeißt, vor der gesamten Band eine schmiert und mir nochmal in aller deutlich mitteilt, wie sehr und von tiefsten Herzen er mich doch hasst. Mission accomplished. Ich freue mich wie gut mein Plan doch aufgegangen ist, wenn gleich ich jetzt schon ein bißchen wehmütig werde, weiß ich doch, dass er sich nie wieder so herzlich darüber aufregen wird. So richtig regt man sich ja immer nur beim ersten mal auf, dann stumpft man ab. 
Der Botschafter der Farbe Blau schenkt mir freundlicherweise eine Brausetablette, aufwendig entwickelt, so berichtet er mir voller Stolz und wie immer etwas hypochondrisch, von der Sportuniversität Lüdenscheid. „Dat is gegen Katta“. Wir fahren, tatsächlich ohne „Katta“ gen Mörs. Im Bus legt man mir nahe, ich solle doch mal der Band „Messer“ meine Aufmerksamkeit widmen. Es ist, so stellt sich sehr schnell heraus, die bis dato größte scheiße, die je mein Trommelfell in Wallung versetzt hat. Allein der Gedanke an das Publikum vor der Bühne verleitet meinen Magen dazu, seinen, noch nicht verdauten Inhalt, über all jene sorgefältig zu verteilen, die behaupten, dies sei gute Musik. Diese ach so intellektuellen Yuppies, wie sie Tücher um ihre Hälser tragen und, entgegen jeder bekannten Form von Takt und Tempo, krampfhaft versuchen ihren Namen zu tanzen und sich, als wären sie Teil einer ganz besonderen neuen Art der Kunst, ganz besonders elitär dabei vorkommen. Genozid scheint mir irgendwie doch verständlich und nachvollziehbar. Jogges zeigt Gnade und legt twiching tounges ein. Ich freu mich wie die Sau darauf sie später am Abend live zu sehen.


Als wir nach nicht mal ganz Sieben Stunden Fahrt und natürlich wie immer zu spät in Mörs eintreffen, finden wir eine von rot-weißem Trassier Band abgesperrte Einfahrt vor. Der Plan, dieses einfach zu durchfahren wird jäh von einem lackaffenmäßig daherkommenden „Security“ gestoppt. Auch Jogess´ Besänftigungsversuche scheitern schon im Ansatz, da der Ruhrpottkanacke nur noch mehr in Rage gerät, als sich beim Öffnen der Beifahrertür sämtliche, auf der Fahrt angesammelten  Bierflaschen, über die Einfahrt verteilen. Aufgrund von Sprachbarrieren mit Händen und Füßen kommunizierend, schaffen wir es schließlich und endlich dann aber doch irgendwie aufs Gelände. 
Im Backstage treffen wir Vega. Alter Kumpel von mir. Wir haben uns bei Bad Brains in Köln kennen gelernt. Wir wollten uns aus nicht mehr bekannten Gründen so richtig aufs Maul hauen. Mit erhobenen Fäusten, so fighting irish-mäßig, standen wir uns gegenüber, als uns Ben Fink damals beide Idioten geheißen und uns vorgestellt hat. Seit dem sind wir Kumpels. Die Begegnung mit Vega sollte sich auch diesmal wieder als die Folgenschwerste des Abends herausstellen. Zu meiner großen Enttäuschung musste ich nämlich festsellen, dass es Backstage keinen Schnaps gab. Klar dass das Wort „Jack“ wie Musik in meinen Ohren erklang, als es Vegas lippen verließ. „Hömma“, so rief er einem seiner Jungs zu, „mach uns mal zwei Jack 3d“. Nicht wissend, was genau das nun sein sollte, bestellte ich mir, ohne einen größeren Kopf darüber zu machen, auch einen. Wird schon schmecken. Wahrscheinlich was mit Red Bull, so glaubte ich. Als der Kumpel nun jedoch so ein weißes Döschen aus seinem Rucksack packte, stellte ich doch mal aus reiner Neugierde, die meiner Meinung nach sehr wohl berechtigte Fragen, was das denn sein sollte, dieses Jack 3d Zeug, und dass ich hoffe, dass nicht irgend so eine chemische Keule sei. 
Eben doch. „Hömma, dat is dat Koks des kleinen Mannes. Is aba legal. Aba nich mehr lang. Is auch nich koks, aber macht das gleiche. Mehr so wie Amphitamine. Sind aba keine. Macht aba dat gleiche. Dat nehmen die Pumper. Nimm dat mal!“ Da ich schon immer mal koksen wollte erschien mir dieses „noch legale“ Muckiebudengesöff als genau mein Ding und zack war der erste Becher auch schon weg. Kehbel war nicht so überzeugt von chemischen Sachen und ich musste ihn auch mindestens 5 Sekunden überreden, bis seine anfänglichen Bedenken über Bord geworfen waren und auch er sich einen genehmigte. Neben der Tatsache, dass man von dem Zeug unglaublich große Augen bekommt, macht es tatsächlich wach und fit. Jogges, der sich mittlerweile auch einen genehmigt hat, nennt es chrystal meths. Ob es jetzt am Jack oder an der Qualität lag, vermag ich nicht mehr zu sagen, aber die show war geil. Ich habs abgefeiert. Diesmal auch wieder Bullenschweine gespielt.


Chrystal meths, so sollte man wissen, macht auch sehr ehrlich. Ich beschimpfe Backstage später twitching tongues. Gott wie ich diese Band hasse. Ich dachte ja diese „Messer“ sind widerlich, aber die sind ja wirklich noch edel gegen diese Grütze! Also auf Cd mag das alles ja funktionieren, aber live auf keinen Fall. Sag ich dem Gitarristen auch so. Was gesagt werden muss….! Natürlich kann er nicht damit umgehen. Diese Amis sind ja immer Bauchpinseleien gewohnt. Kann man Ihnen ja nicht mal n Vorwurf machen. Die deutschen sind ja einfach von sich aus so widerliche Arschkriecher die automatisch jede Band vergöttern die aus U.S. and A kommt. Ich bin froh dass ich meinen Frust los geworden bin. Jogges sieht das glaub ähnlich wie ich…! Als John Connor von Dog eat Dog den Backstage betritt und erwartet gefeiert zu werden, schaut Jogges ihn gar nicht an. Tantra-mäßig predigt er fortweg die gleichen Verse lautstark und voller Überzeugung. Ich schau den Typ net mal an. Ich schau den Typ net mal an. Ich schau den Typ net mal an. Ich schau den Typ net mal an. 
Wo der Jogges allerdings schon ganz schön geschaut hat: Der Moment des Wasser lassens. Es heißt ja, dass man von Anabolika einen kleinen Schwanz kriegen soll...! Jogges war der erste, der den Beweis hatte. „Ja alter was ist denn jetzt los???? Sonst komm ich mir beim Pissen vor, als müsste ich eine Schlange bändigen!!!! Alter das ist dieses scheiß Chrystal meths! Ich sags Dir, das kommt nur von diesem scheiß chrystal meths“. Das haben wir jetzt davon! Große Augen und kleine Schwänze. Auch mir selbst sollte es beim urinieren nicht anders ergehen. Von Mutter Natur eh schon benachteiligt, weil nicht so üppig ausgestattet, zeitlebens unter schweren komplexen leidend, muss ich ebenfalls feststellen, dass mein Zebedäus sehr wohl noch in der Lage war, weiter, und um mehrere Maßeinheiten zu schrumpfen, und mich jetzt, da ich mich gezwungen sehe, einen weiteren herben Rückschlag hinzunehmen, mit dem schmerzlichen Gefühl allein lässt einen Regenwurm bei seinem Genick gepackt zu haben. Und wenn ich mich noch so sehr bemühen mag: Ich kann bei Gott und beim besten Willen keinen Unterschied mehr zwischen Strahl und Glied feststellen. Abgeschüttelt. 
Wir fahren zu Conny mit dem festen Vorsatz noch die Stadt zu gehen. In der Küche wird, um die sich anbahnende Müdigkeit zu besiegen noch schnell Jack für alle gemischt. Zack und weg. Los geht das in die Stadt. Was ich im Nachhinein sehr verwundert: Cobra kündigt an uns begleiten zu wollen und, was mich noch viel mehr verwundert, macht das auch noch! In einer Souveränität wie ich sie nur bewundern kann. Rückblickend kann ich guten Gewissens von uns behaupten, dass wohl nicht ein einziger von uns, mit uns ausgegangen wäre, wäre er jemand anders und wäre er, was noch viel schwerer ins Gewicht fällt, auch noch Stocknüchtern. Hut ab. 
In der Discothek versuche ich eine Frau Anfang 40 anzumachen. Ich stelle fest, dass es, wohl unmittelbar vor dem ersten Kontakt, zu einem Kurzschluss im Sprachzentrum gekommen sein muss. Ich bin nicht mehr fähig mich vernünftig zu artikulieren. Ich versuche Sie also einfach ohne weitere Worte anzumachen und schiebe einfach Ihren Drink bei Seite um mich neben sie setzen zu können. Sie schiebt den Drink wieder an seine ursprüngliche Position. Sie scheint nicht zu verstehen. Ich schiebe den Drink bei Seite um mich neben sie setzen zu können. Sie schiebt den Drink wieder an seine ursprüngliche Position. Sie scheint nicht zu verstehen. Ich schiebe den Drink, diesmal schon in meiner Bewegungsdurchführung durch die ihre Hand gebremst, nur noch ein kleines Stückchen. Sie, im Gegensatz zu mir, ist noch im Vollbesitz Ihrer geistigen Kräfte und auch ihrem Sprachzentrum ist nicht der geringste Makel anzumerken, was sie mich in Form von verbalen Entgleisungen deutlich spüren lässt. So ganz genau kann ich nicht mehr sagen, was sich in dieser Nacht zugetragen hat. Jogges meinte am nächsten Morgen nur, dass, egal ob ich lief, tanzte oder stand, jede Bewegung gleich ausgesehen hat. Die Nacht war kurz, da wir erst so gegen fünf daheim waren und ich ja noch bis sechs kochen und Selbstgespräche führen musste. Die Heimfahrt sollte, man mag es zwar nicht glauben, zu einem weiteren Highlight des Wochenendes werden. Jerome erzählte uns von seiner Vorliebe für Internetbekanntschaften. Jedenfalls in der Zeit bevor er sich in einer Beziehung befand. Selten habe ich einen Menschen so abgefeiert wie auf dieser Busfahrt. 
Es ist Sonntag. Wir sind wieder heile daheim!
Love, Nobby